Mein lieber Mann

Meinem lieben Mann, der schwer erkrankt ist,

habe ich diese  Gedichte gewidmet. Er hat schon öfters

"die Kurve gekriegt", vielleicht ja auch dieses Mal.

Der Tod

 

Er kam auf leisen Sohlen

Ich hatte ihn noch nicht bestellt.

Er wollte mir den Herbert holen,

weil der ihm doch so gut gefällt.

 

Jedoch er kannte Herbert nicht,

der ist ihm wieder mal entwischt.

Es ist ihm noch einmal gelungen

Und ganz schnell von der Schöpp gesprungen.

 

„Dann klopf ich später noch mal an“,

sagte da der Sensenmann!

Das hat er dann

am 24-2-2015 getan

 

 

Wenn ich so auf dein Foto sehe

ich die Welt nicht mehr verstehe

du warst stets voller Tatendrang

packtest furchtlos alles an.

 

Bist viel gereist in deinem Leben

lebtest hier und lebtest dort

ein zuhause hat´s für uns gegeben

in Nümbrecht, diesem schönen Ort

 

Gemeinsam 22 Jahr

eines war uns beiden klar

wir wollen immer zusammen sein

bis dass der  Tod uns scheidet

das ist nun geschehn, ich bin allein

und meine Seele leidet!

 

 

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 Du bist ganz ernst und in Gedanken
Schmerzen rauben den Verstand
immer enger deine Schranken
drum nehm ich einfach deine Hand

Du träumst von Urlaub nur mit mir
mit Sonne Wind und warmem Sand
träumen tu ich gern mit dir
und halte dabei deine Hand

Und machst du deine große Reise

ohne mich in ein noch unbekanntes Land

dann bete ich ganz still und leise
und Gott reicht dir dann seine Hand!

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one Night with you

das spieltest Du

Du schautest mich so lieb dann an

doch ich gehörte  zu  dem anderen Mann.

Es war mir nicht so ganz geheuer

du mit der Gitarre am Lagerfeuer

in einer lauen Sommernacht,

hast fast mich um den Verstand gebracht.

 

Nun liegst du nebenan,

bist mein geliebter Mann,

 

und spielst auf der Gitarre du

dann hör ich ganz verzaubert  zu

und denke nur

one night  with you!

 

(Aus meinem Nähkästchen geplaudert, Seite 36)

 

 

 

Der Engel der Nacht

 

Er hat mich behütet, ganz zärtlich und sacht.

Ich hab ihn gespürt, den Engel der Nacht.

Sanft deckte er meine Schultern zu

Damit ich nicht frier in der nächtlichen Ruh.

Dann schickte er mir einen Traum

So schön, ihr glaubt es kaum,

auch meine Krankheit war weg, wer hätt das gedacht

Ich hoff, er kommt wieder, mein Engel der Nacht…

 

… beim Frühstück

 

 

„Hab ich dich aufgeweckt?“

So fragte Herbert mich,

als ich dich hab zugedeckt,

 

„na so was, sagte ich

Du warst also mein Engel der Nacht,

der mir den schönen Traum hat gebracht.

 

Welchen Traum? Das war kein Traum mit uns in der Nacht.

Da haben wir beide herzlich gelacht!!!

 

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Ich liebe meinen Mann
wie eine Frau nur lieben kann
Alles liebe ich an ihm
seine Augen und sein Kinn
Ich liebe seinen Kopf
ob mit oder auch ohne Zopf
Ich liebe sein Gesicht
nur den Bart, den lieb ich nicht
Ich liebe auch
seinen Bauch
Ich liebe zum Entzücken
auch noch seinen Rücken
und seinen Po
den lieb ich sowieso
und weil alles doch so scheen is
ich lieb auch noch

seine Füße

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Spät am Abend

 

nun geh ich gleich nach nebenan
dort schnärchelt schon mein Ehemann,
mach´s mir neben ihm bequem
bin zwar müd und denk trotzdem
früher war doch da noch was
wo man Zeit und Raum vergaß,
heute quält man sich nur rum
mit Parkinson und krankem Bein
ich frag mich langsam schon warum
muss das wirklich alles sein?
bleibt das alles nun für immer
oder wird es gar noch schlimmer?

Ich hoffe das doch nicht
sag ich hier in dem Gedicht,
ich träume mir gleich meine Welt
gerade wie sie mir gefällt,
nun sage ich ganz leis und sacht
Gute Nacht

 

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Sommernachtstraum

 

Es war in einer Sommernacht
als leise sie mit ihm gelacht,
sie schlenderten durch Köln am Rhein,
tranken noch ein Gläschen Wein.
Dann gingen sie im Wiegeschritt
und die Liebe die ging mit.

Nachts dort in Colonia

mit Herbert und mit Monika.


Schon lange sind die zwei ein Paar
ich glaube schon fast 20 Jahr.
Manchmal denkt sie heut noch dran,
wie ihre Liebe einst begann.

 

Stille der Nacht

Ruhig ist mein Gemüt

Hab an dich gedacht

Und mich bemüht

Nicht wieder zu weinen um dich

Ich liebe dich

 

Ruhe der Nacht

Still ist es um mich

Die Liebe zu dir erwacht

Ich liebe dich

Nicht bis der Tod uns scheidet

Wirklich trennen kann der  uns nicht

Mein Körper und meine Seele leidet

Wie gern säh ich noch einmal in dein Gesicht.

Wie gern würd ich noch einmal dich spüren in mir

Voller Liebe und mit der ganzen Kraft

Deiner einmaligen Leidenschaft

Nun sag ich noch einmal im Dämmerlicht

Ich liebe Dich

 

 

weißt du noch,
wie es zu ersten mal bumm gemacht,
Amor seinen Pfeil in unsere Herzen geschossen?
Weißt du noch,
was damals du gedacht
als wir uns in die Augen sahen, unverdrossen?

Ich weiß es noch genau,
"das isser" hab ich gedacht
wär ich doch nur seine Frau
mein Herz hat geweint und gelacht.
Lange trug ich die Liebe in mir,
ich jedes Wiedersehen genoss
weil ich nicht zusammen sein konnte  mit dir,

ich manche Träne vergoss.

Weißt du noch,
als es zum 2. Mal bumm hat gemacht,
10 Jahre nach dem ersten Mal.
Amor aus der Ferne gelacht,
als er seinen Pfeil schoss, zum 2. Mal.

Weißt du noch,
wie zum ersten Mal wir zusammen lagen
voller Liebe alles uns gaben.
Weißt du noch
Weißt du noch
weißt du noch?

Ich stehe hier vor deinem Bild
und dreh die Zeit zurück,
ich denke hier bei deinem Bild
was hatten wir beide doch für ein Glück,
in Liebe gemeinsam zu leben,
bis zum 24.2., nun sollte es dich für mich nicht mehr geben.

Nein, berühren kann ich dich nicht mehr,
doch lieben tu ich dich so sehr,
dass es fast das Herz mir bricht,
Amors Pfeile, ich verliere sie nicht!

 

 

Abschied von Herbert Schaffner am Donnerstag, 5. März 2015, um 13.30 Uhr in der Kapelle des Friedhofs Nümbrecht.

 

Zu Beginn: Musik, CD 1 Titel Nr.

Status Quo: „Whatever you want“

 

Liebe Frau Schaffner, liebe Familie, liebe Gäste.

Ich hoffe, es hat Sie nicht erschreckt, mit welcher Musik wir diese Abschiedsfeier begonnen haben. Die meisten von uns erwarten an diesem Ort, zu diesem Anlass, zunächst etwas anderes.

Aber es war Herbert Schaffner, der anders war. Und deshalb musste es auch die Gruppe „Status Quo“ sein, die uns in die ganz besondere Stimmung dieser Abschiedsfeier hineingeführt hat.

Als wir über die Musikauswahl gesprochen haben, Frau Schaffner, haben Sie auch direkt das passende Bild zur Musik geliefert: Herbert Schaffner im Auto, wie er durch die Namibwüste fährt, im Autoradio die Cassette mit „Status Quo“, aufgedreht bis zum Anschlag.

In diesem Bild erfahren wir augenblicklich eine Menge über diesen ungewöhnlichen Mann. Über seine Energie, seine Unabhängigkeit, seine Abenteuerlust, seine Männlichkeit, seinen Freiheitsdrang.

Eher klein von Statur, hat er über sich selbst gesagt: „Dynamit kommt immer in kleinen Päckchen!“

Das war einer der ersten Sätze, die ich am Montagnachmittag in mein Notizbuch geschrieben habe, als wir zusammensaßen, um diese Abschiedsfeier vorzubereiten.

So hat er sich selbst gesehen: Ein wilder Mann, ein explosiver Charakter, für den unser Erdball manchmal zu klein erschien.

Und doch hat er sich am Ende seines Lebens nach Ruhe gesehnt. Er, der in seinem Leben immer rastlos wirkte, ruhelos, der immer unterwegs sein musste, war angekommen. Sein Leben war mühsam geworden, auch wenn er das wahrscheinlich nie zugegeben hätte. Seine Beine machten ihm sehr zu schaffen, er hatte Schmerzen, er wusste selbst am besten, wie sehr und wie schnell seine Kräfte schwanden.

Am Rosenmontag war er noch nach Siegburg gefahren, weil er Willi besuchen wollte, einen der zahlreichen Stammgäste im Turmstübchen, die zu Freunden geworden waren. Wenige Tage später, am Freitag, war er schon sehr schwach geworden, es fiel ihm zunehmend schwer, sich auf den Beinen zu halten.

Am Montag nach Karneval musste Herbert Schaffner ins Krankenhaus, weil er zuhause zweimal gestürzt war.

Am Dienstagmorgen sind Sie zu Ihrem Mann gefahren, Frau Schaffner. Seine nackten Füße waren kalt, Herbert hat gefroren. Da haben Sie kurzerhand Ihre Socken aus- und Ihrem Mann angezogen, Sie haben ihm die Füße massiert, bis sie allmählich wärmer wurden, und dann haben Sie ihm die Hand gehalten. Diesen Moment haben Sie festgehalten, in einem Photo und in einem ungemein berührenden Gedicht, das Sie der Traueranzeige für Ihren Mann vorangestellt haben:

 

Du bist ganz ernst und in Gedanken,

Schmerzen rauben den Verstand,

immer enger deine Schranken,

drum nehm ich einfach deine Hand.

 

Du träumst von Urlaub nur mit mir,

mit Sonne, Wind und warmem Sand,

träumen tu ich gern mit dir

und halte dabei deine Hand.

 

Und machst du deine große Reise,

ohne mich in ein noch unbekanntes Land,

dann bete ich ganz still und leise,

und Gott reicht dir dann seine Hand!“

Als es anfing zu dämmern, haben Sie Ihrem Mann gesagt, dass Sie sich nun langsam auf den Weg machen müssen. Er wusste, dass Sie es vermeiden, im Dunkeln mit dem Auto zu fahren.

Sie sagten „Lebewohl“ und machten sich auf den Heimweg.

Sie hatten das Krankenhaus noch nicht verlassen, da ist Ihr Mann gegangen, hinüber auf die andere Seite des Weges.

Die Krankenschwestern hatten noch den Versuch unternommen, Ihnen zu folgen, um Sie wieder zurückzuholen. Vergebens. Sie erfuhren vom Tod Ihres Mannes erst zuhause am Telefon.

Die andere Seite des Weges, das ist ein Zitat des englischen Gelehrten und Domherrn Henry Scott Holland. Der ganze Text lautet so:

„Der Tod ist nichts,
ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen.
Ich bin ich, ihr seid ihr.
Das, was ich für euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Gebraucht keine andere Redeweise,
seid nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiterhin über das, worüber wir gemeinsam gelacht haben.
Betet, lacht, denkt an mich, betet für mich, damit mein Name ausgesprochen wird, so wie es immer war, ohne irgendeine besondere Betonung, ohne die Spur eines Schattens.
Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchschnitten.
Weshalb soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein, nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg, nur auf der anderen Seite des Weges.“

Als ich Sie am Montag gefragt habe, ob Sie eine Vorstellung haben, wo Ihr Mann jetzt ist, da haben Sie geantwortet, Frau Schaffner:

„Ich kann ihn spüren, er schwirrt hier rum und passt auf, dass ich nix falsches sage. Er wird auch noch ein paarmal wiederkommen müssen, er hat die letzte Stufe seiner Reinkarnation noch nicht erreicht. Er muss noch lernen „JA“ zu sagen.“

Diese Sätze kamen aus tiefstem Herzen. Deshalb habe ich sie hier zitiert.

Die meisten von uns brauchen solche Vorstellungen, die über unser irdisches Leben hinausweisen – das macht uns zu Menschen.Ob es die Auferstehung von den Toten ist, an die wir glauben, oder die Seelenwanderung, die Reinkarnation oder die Rückkehr in die ewigen Kreisläufe der Natur – alle Religionen sind mit und aus der Frage heraus entstanden: „Was erwartet uns nach dem Tod?“

Und alles ist für die meisten von uns leichter zu ertragen, als die Vorstellung vom Tod als einem großen, schwarzen Nichts. Selten erleben wir eindringlicher, dass wir Kraft brauchen, Vertrauen, Mut, Zuversicht, Hoffnung – und ja, auch Trost, als an den Orten des Abschieds.

Trost zu finden ist am schwersten, denn im Angesicht des Todes sind wir untröstlich.

Sie ist unsagbar schwer auszuhalten, die Endgültigkeit, der wir nur hier in ihrer ganzen Härte begegnen.

Soll das alles gewesen sein, dieses buchstäbliche Häufchen Asche?

Alles in uns sträubt sich gegen diese Vorstellung.

In dieses kleine Gefäß passt kein Mensch.

Und schon gar nicht einer wie Herbert Schaffner. Der würde uns vermutlich auslachen, würden wir glauben, er hätte da drin Platz gefunden. Nein, einer wie er lebt weiter, in den Erinnerungen derer, die ihm nah waren, die ihn geachtet, geschätzt, geliebt haben. Und in einem anderen, viel konkreteren Sinne lebt er weiter in seiner Tochter Miriam und seinen Enkelkindern Klara und Karl. Sie gäbe es nämlich gar nicht, wenn Herbert Schaffner nicht gelebt hätte. Daran wollen wir uns hier erinnern. Denn darin steckt wirklich Trost. Er ist Ihnen nicht verloren gegangen, und er wird Ihnen auch nicht verlorengehen, solange Sie selbst am Leben sind. Die Verbundenheit bleibt, weit über diesen Abschied, weit über seinen Tod hinaus.

Und nachher legen wir nur das in die Erde, was sterblich und vergänglich an Herbert Schaffner war, seine Hülle sein Körper, der zu schwach geworden war, um wieder gesund zu werden, und am Ende auch zu schwach zum Weiterleben.

 

Auch diese Vorstellung hat hoffentlich die Kraft, Trost zu spenden.

 

Bei uns ist heute auch Jutta Windgassen. Sie begleitet uns nun am Klavier, denn wir wollen zusammen singen.

 

Das war Ihnen ein ganz besonderer Herzenswunsch, Frau Schaffner. Sie haben sich gewünscht, dass wir heute das Lied „So nimm denn meine Hände“ singen. Es handelt sich dabei um ein Gedicht von Julie Katharina von Hausmann, einer deutsch-baltischen Dichterin, das von Friedrich Silcher vertont wurde.

 

Sie finden es auf Seite 28 im Liederheft, wir singen alle drei abgedruckten Strophen.

 

Musik, gemeinsames Lied: Liederheft

S. 28: „So nimm denn meine Hände“

 

Herbert Schaffners Leben begann am 11. April 1946, also ziemlich genau ein Jahr nach Ende der großen Katastrophe des zweiten Weltkriegs. Auf die Welt gekommen und aufgewachsen ist er in Frechen. Seine Schwester Helga ist auf den Tag ein Jahr jünger als er.

Es war eine schwere Zeit, in die die beiden hineingeboren wurden. Die Not war unmittelbar nach Kriegsende groß. Weite Teile Deutschlands, vor allem die großen Städte und die Infrastruktur, lagen in Trümmern. Es fehlte an allem, und viele Menschen mussten sogar Hunger leiden.

Wir brauchen nicht viel Phantasie, um uns vorzustellen, wie sehr diese Zeit vor allem die Kinder damals geprägt hat. Und mir begegnen immer wieder Männer aus dieser Generation, die einen großen Freiheitsdrang in sich haben, geboren aus der Erfahrung, dass man sich im Leben alles hart erkämpfen muss.

Aber Herbert Schaffner stellt sie alle in den Schatten.Technischer Zeichner ist Herbert nach seiner Schulzeit geworden, und Schlosser hat er gelernt.Er gehörte zu den Männern, die handwerklich alles können, und was sie noch nie gemacht haben, trauen sie sich auf Anhieb zu.Bei Herbert Schaffner kam noch diese ganz besonders ausgeprägte Abenteuerlust hinzu, er traute sich Dinge, vor denen andere schreiend wegliefen.

Ein besonders bemerkenswertes Beispiel, das sie mir am Montag erzählt haben, macht das deutlich: Bei Bayer musste ein Behälter, der vollgefüllt war mit hochexplosivem Gas, geschweißt werden. Da traute sich zunächst, aus gutem Grund, keiner ran. Bis einer den Herbert fragte. Der schloss eine Lebensversicherung über eine Million ab, für einen Tag, und schweißte. Er wusste zwar genau, wie es geht, das Risiko erschien aber auch ihm so groß, dass er seine Lieben abgesichert wissen wollte.

Es hätte also leicht schief gehen könnte, das wusste er, aber er ging das Risiko, sein Leben zu verlieren ein.

Das war es, was ihn so besonders machte.

„Was hat Ihren Mann angetrieben?“, habe ich Sie gefragt, Frau Schaffner. Und Sie haben geantwortet: „Ich weiß es nicht. Mir ist, als suchte er immer ein Zuhause.“

Er schien immer einer geheimnisvollen Kraft zu folgen, und ich bin mir nicht sicher, ob er selbst wusste, was ihn antrieb. Das Kreuz des Südens ist wie ein Synonym für diese Kraft. Dieses Sternbild am südlichen Sternenhimmel hat von jeher eine starke Anziehungskraft auf die Menschen ausgeübt. Sie haben es nicht von ungefähr auf Ihrer Trauerkarte verewigt.

Schon früh hat Herbert Schaffner sein Elternhaus verlassen. Seine erste Frau, Birte, hat er mit 18 oder 19 geheiratet. Die beiden hatten ein Pflegekind, Eric, und als die Ehe in die Brüche ging, verlor Eric seine Pflegeeltern, seine Familie. Mit Biggi, seiner zweiten Ehefrau, bekam er eine Tochter, Miriam, und seine beiden Enkelkinder Klara und Karl.

Ehefrau Nummer drei hieß Godlind. Sie hat er in Namibia geheiratet, Godlinds Heimat. Eine Farm hat er dort aufgebaut, ein Haus gebaut, aus selbst gebrannten Ziegeln. Um das Material dafür zu besorgen ist er 1.000 Kilometer gefahren, 500 Kilometer hin und 500 Kilometer zurück.

Namibia war seine Seelenheimat, dieses Land blieb sein Sehnsuchtsort bis ganz zum Schluss. Ihre gemeinsame Reise dorthin hatten Sie für dieses Jahr schon geplant, Frau Schaffner.

Nach Namibia ist Herbert Schaffner dereinst ausgewandert, weil er Ihnen begegnet war. Das war 1983. Mit Ihrem damaligen Mann, der auch Herbert hieß, wollten Sie sich den Bauernhof ansehen, den Herbert Schaffner verkaufen wollte.

 

„Ich kam rein, und Herbert Schaffner stand hinterm Küchentresen. Da hat es „BUMM“ gemacht. Zwei, drei Minuten haben wir uns nur angesehen. Es war, als würden wir uns, nach vielen, vielen Jahren, zum ersten Mal wiedersehen.“

Da hatten sich offensichtlich zwei alte, altvertraute Seelen wiedergetroffen.

Aber Sie waren verheiratet, hatten zwei Kinder, Marion und Michael, und Herbert Schaffner ergriff die Flucht, um nicht daran zu zerbrechen, dass Sie nicht frei waren. Es dauerte zehn Jahre, ehe Sie sich zum zweiten Mal begegneten. Inzwischen war Daniel auf die Welt gekommen.

1993 war Herbert Schaffner lebensgefährlich an Malaria erkrankt, Sie haben das in einer Vision gesehen: Herbert in Afrika, in weiße Tücher gehüllt. Ihre Liebe war noch genauso stark, wie Sie sie im allerersten Augenblick Ihres Kennenlernens gespürt hatten.

Weitere drei Jahre später haben Sie dann geheiratet, am 13. September 1996.

Sein Geld verdiente Herbert Schaffner zu dieser Zeit als Rutengänger. Mit seiner Wünschelrute konnte er in der Wüste Wasser finden, er war äußerst erfolgreich damit. Dann baute er Förderanlagen, die mit Windkraft funktionierten, und die das Wasser aus bis zu 100 Metern Tiefe aus der Erde holten.

Es gibt sehr beeindruckende Bilder aus dieser Zeit, mit Marion und Daniel in der afrikanischen Landschaft. Es war schön und gefährlich, das kann man auf den Photos sehen.Einmal sind Sie mitten in der Wüste mit Ihrem VW-Bus umgekippt, Sie hatten am Steuer gesessen, Frau Schaffner, und Sie hatten bis dahin überhaupt keine Ahnung, wie gefährlich das Autofahren in der Wüste ist. Auf einem Photo ist der kleine Daniel zu sehen, und seine bange Frage: „Müssen wir jetzt verdursten?“, steht ihm im Gesicht geschrieben.

Dann standen Sie irgendwann vor einem Fluss und überlegten, Schwimmen zu gehen.Aus dieser Situation ist Ihr Gedicht „Am Okavango“ entstanden:

 

„Am Okavango

 

Ich saß am Okavango,

aß eine kleine Mango.

Als ich am Okavango saß,

und die kleine Mango aß,

dachte ich es wäre schön,

jetzt ins kühle Nass zu gehen.

 

Weiter dachte ich nicht viel,

da sah ich sie,

die Augen von dem Krokodil.

 

Ein Krokodil isst gerne Mango,

mit einem Menschen drum herum.

Ich verließ den Okavango,

nun ratet mal warum.“

 

Und in Ihrer Wohnung hängen wunderschöne Bilder, die Marion mit Pastellkreide gemalt hat, eines zeigt eine Fahrt über den Okavango in einem kleinen Boot, am anderen Ufer liegt Angola.

Es ist wichtig und kann wirklich helfen, sich diese lebendigen Erinnerungen ganz bewusst  zu bewahren. Im besten Falle lindern sie den Abschiedsschmerz.

Die letzte Station in Herbert Schaffners Leben war hier in Nümbrecht. Hier setzte sich dieser wilde Mann mehr oder weniger zur Ruhe.

Das „Turmstübchen“ war seine letzte große Lebensaufgabe. Sie sagen, Frau Schaffner: „Das Turmstübchen war Herbert fast zu eng! Er fühlte sich eigentlich zu sehr gebunden.“

Bekannt wie die sprichwörtlichen „bunten Hunde“ wurden Sie, seit Sie das Ausflugslokal 2008 übernahmen – als Ruine. Sie retteten es vor dem Abriss.

Wenn man Photos aus dieser Zeit sieht, kann man nur erahnen, was Sie geleistet haben, um aus dieser Ruine das Schmuckstück zu machen, das das „Turmstübchen“ heute ist.

Nach einiger Zeit hatten Sie fast nur Stammgäste, und viele von ihnen wurden Freunde.

Zu Herberts 66. Geburtstag hatten Sie zwei Flamenco-Tänzerinnen engagiert und dafür das ganze Lokal ausgeräumt, denn Flamenco-Tänzerinnen brauchen viel Platz.

Der Flamenco war eine von Herbert Schaffners ganz großen Leidenschaften. Er spielte ihn selbst auf seiner Gitarre. Es gab da oben immer wieder Musikabende. „Es wird Nacht Senorita“ spielt er auf einer Video-Aufnahme, die Sie mir am Montag gezeigt haben. Es herrschte eine Atmosphäre spielerischer Leichtigkeit und Unbeschwertheit an diesem Abend, das konnte ich augenblicklich spüren.

 

Das „Turmstübchen“ war Herberts Zuhause geworden.

Einen Backes hat er dort oben gebaut und einen Grill, mit seinem Minibagger und seiner Motorschubkarre war er unermüdlich im Einsatz. Stillsitzen – das konnte er einfach nicht.

Und ein Photo zeigt ihn mit einem Wildschwein. „Andere gehen in die Metzgerei und kaufen eine Wildschweinkeule. Mein Mann kaufte ein ganzes Tier vom Jäger.“ Er trug es eigenhändig hinein, die Gäste mussten derweil die Augen schließen. Dann zog er es ab und zerlegte es fachmännisch.

Ein weiteres Video zeigt ihn vor einem riesigen Grill, ein Wildschwein steckt auf dem Spieß.

Einen „aufrichtigen, gradlinigen Menschen“ hat Bürgermeister Hilko Redenius Herbert Schaffner in seinem Kondolenzschreiben genannt. „Sie beide haben etwas geleistet, das seinesgleichen sucht“, heißt es weiter. Und es folgt die Zusicherung, dass die Gemeinde endlich Herbert Schaffners Herzenswunsch erfüllen wird, die Sanierung des hölzernen Aussichtsturms.

Schade, dass Herbert Schaffner das nicht mehr erleben darf.

Gleich gehen wir hinaus, um das, was sterblich an Herbert Schaffner war, zu seinem letzten Ruheplatz zu geleiten.Zuvor hören wir noch ein weiteres Stück Musik. Das Lied „Barcelona“ von Freddie Mercury und Montserrat Caballé hat sich Herbert Schaffner schon vor Jahre für seinen Abschied gewünscht.

„Als er das an Weihnachten auf seiner Farm in Namibia gehört hat, war es so laut, dass es die ganze Wüste hören konnte“, haben Sie erzählt, Frau Schaffner.

Musik, CD 2, Titel Nr. 1

Freddie Mercury, Montserrat Caballé:

„Barcelona“

 

Auszug aus der Kapelle und Gang zum Grab

 

Am Grab:

 

Erde zu Erde. Asche zu Asche. Staub zu Staub.

 

Wir haben zu Grabe getragen und zur letzten Ruhe gebettet:

Herbert Schaffner, geboren am 11. April 1946, gestorben am 24. Februar 2015.

 

Herbert, wir wünschen dir Frieden.

Ich bin von meiner Schöpfung nicht weniger getrennt als deine Gedanken von dir.

Ich bin nicht die Wirklichkeit hinter der Welt,

ich bin die Wirklichkeit, die in ihr ist,

denn ich bin in der Welt mit dir, dein ganzes Leben lang,

wo immer du bist, wo immer du gehst, wo immer du suchst.

Du kannst mich sehen im Mond und in den Sternen,

die Licht gebären aus der Dunkelheit;

du kannst mich spüren in der Brise, die deine Wangen küßt;

du kannst mich hören in den fließenden Wassern,

die so erfrischen und beleben;

der winzige Samen, der zur mächtigen Eiche wird, birgt meine Kraft;

die sich zur Blüte entfaltende Knospe verströmt meinen zarten Duft.

Ich bin mit dir, jetzt, in der sich ewig wandelnden Gegenwart,

die wahre Ewigkeit ist.

Näher bin ich dir als der Atem, der deinem Körper Leben bringt.

Näher als der Gedanke, der aufkeimt im Geist,

von den Unwissenden vergänglich genannt;

näher als der Puls, der dein Herz im Rhythmus hält,

denn ich bin nirgendwo zu finden, nur da, wo du bist,

denn ich bin das Eine, das alles ist -

und sehen kannst du mich in allem, irgendwo, überall.

Und ich bin alles, das das Eine ist, in einem jeden.

So finde mich jetzt, wo immer du bist.

 

Herbert, dein sichtbares Leben ist zu Ende.

Aber die Liebe bleibt. Denn die Liebe ist stärker als der Tod.

 

 



 

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