Der Stein

Ein Stein lag im Schatten eines Gebirges, abgesprengt vom Kollektiv.

Seit Millionen von Jahren lag er so, geschützt von dem Massiv.

 

Er sah viele Naturgewalten, die Erde bebte und schlief im Eise ein.

Den harten Burschen kümmerte es wenig, zuletzt lag er  friedlich im Sonnenschein.

 

Es war alsbald vorbei mit der Ruh, in einer unsäglichen Absicht wurde er genutzt

Um zu beenden den ersten Bruderzwist, wie das, dachte er noch ganz verdutzt!

 

Doch plötzlich riss ihn ein Jüngling empor, was fällt ihm ein, dem übermütigen Tropf?

Schleuderte ihn kurz, den verblüfften Stein und schon flog er einem Riesen an den Kopf!

 

Der Knabe wurde als Held gefeiert, einzig der Stein konnte es kaum fassen,

für solche Zwecke wollte er nicht dienen, konnte man ihn nicht in Ruhe lassen!

 

Jahre später, für den Stein nur ein Augenblick, wurde erneut er aufgenommen,

durch zornige Hände gereicht, doch jäh vernahm er eine Stimme sehr besonnen,

 

Ein friedvoller Mann sprach, wer von euch ohne Schuld, der werfe den ersten Stein,

Ja genau, dachte er, und schon gar nicht mich, warum seid ihr nur so gemein!

 

Durch die Jahrhunderte blieb‘s dem Stein nicht erspart, gezogen in den Mittelpunkt.

Den Stein des Anstoßes hat man ihn genannt, es war wohl seine dunkelste Stund‘!

 

Man hat ihn in Mauern gezwängt,  für Aphorismen ausgenutzt und für ihn nicht zu begreifen,

als Mordwerkzeug erfüllte er hilflos seinen vermeintlichen Zweck, dafür sollte er so lange reifen?

 

Irgendwann erschien ein greller Blitz am Horizont, heiß wie ein riesiger Sonnenball!

Auf einmal verschwanden all diese niederen Wesen und wunderbare Stille herrschte überall!

 

Nun liegt der Stein, befreit vom menschlichen Streben, wieder unberührt, in einem Olivenhain

Unter einem Baum, fällt ab und zu eine Frucht auf ihn, inständig hoffend, es möge für immer so sein!

Sylvie

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