Eine Schildkröte auf dem Kriegspfad

Ich stehe in der Küche, bewaffnet mit einem Dosenöffner und beäuge das Objekt der Begierde kritisch.

Es gibt ja so praktische Dosen, mit einer Lasche dran, die sich relativ leicht öffnen lassen, zum Beispiel Pfirsiche, Ananas, Bohnen oder Tunfisch etc. Da ich mir aber beim besten Willen kein  wohlschmeckendes Gericht aus diesen Ingredienzien  vorstellen kann und es mal wieder schnell gehen muss, habe ich mich für Ravioli entschieden.

Diese Dosen haben keine Lasche. Es wäre auch zu einfach. Welcher Verpackungshersteller denkt auch an all die Verbraucher, die eventuell gehandicapt sein könnten.

 Dabei will ich noch nicht mal Parkinson Betroffene in den Vordergrund stellen.

Hauptsache billig in der Herstellung, das Geld geben wir lieber für idiotische TV-Werbespots aus, die mir jeden meiner heißgeliebten Krimis vermiesen.

Ok, lass die Polemik, denke ich mir, du musst diese Dose aufbekommen, sonst wird dein ohnehin schon, kulinarisch gesehen, genügsamer Mann, langsam zu einem Untier aus dem siebten Kreis der Hölle, sabbernd, geifernd , rotäugig, knurrend…Zerberus lässt grüßen!

 

Der Öffner, die Dose und ich.  The good, the bad and the ugly!

 

Sitzen eigentlich  in den Produktionsabteilungen nur Sadisten, die sich den ganzen Tag  damit beschäftigen  wie sie dem Konsumenten am besten ein Hungerödem verpassen?

Wenn  sich Unterzuckerte, Gestresste oder eben Eingeschränkte  die Finger wund reißen, zaubert das bestimmt so manch boshaftes Lächeln in ein Herstellergesicht.

Nicht das wir uns missverstehen, nur mein unangebrachter Stolz bringt mich dazu nicht um Hilfe zu bitten! Schließlich habe ich einen Handwerkerberuf erlernt und hantierte mit Maschinen, die der Traum eines jeden großen Jungen sind.

Ich werde jetzt doch verflixt nochmal diese Dose aufbekommen!

Zweieinhalb Pflaster weiter, (eines hängt mir vom Daumen weil der Kleber leider nicht gegen Tomatensoße resistent ist), habe ich je eine Hälfte des Blechs durch. Der Deckel hängt an links und gegenüber, dem Frauenlinks, an einem Mikrometer fest.

Mit einem Geräusch, das mir die Füllungen aus den Zähnen treibt, hantiere ich mutig verbissen mit einem Messer herum.

Siehe da, ganze blitzartige fünfundzwanzig Minuten später blubbern die Ravioli  friedlich im Topf. Ich öffne den Kühlschrank, schnappe mir den Käse und starre grenzdebil die Verpackung an.

Was ich dabei dachte, hätte Götz von Berlichingen alle Ehre gemacht!

Ich bin ohnehin nicht mehr die Schnellste, das allein ärgert mich schon, aber dass ich wie ein Schimpanse mit seinen Baukötzen rumhantieren muss finde annähernd würdelos.

Ab morgen gibt’s nur noch Rohkost und zwar ungeschält!

 

Sylvie

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